Zum Transportieren von Kraftfahrzeugen kommen bei Eisenbahnen häufig doppelstöckige Autotransportwagen zum Einsatz. Die Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Be- und Entladen – insbesondere auf der oberen Ladeebene von offenen Autotransportwagen – können für die Beschäftigten mit Gefährdungen durch Absturz verbunden sein. Um diese Gefährdungen zu reduzieren und alle beteiligten Unternehmen beim Festlegen wirksamer Sicherheitsmaßnahmen gegen Absturz zu unterstützen, hat das Sachgebiet Bahnen (Spurgeführte Verkehrssysteme) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung ein „Fachbereich AKTUELL“ erarbeitet und veröffentlicht.
Bei Eisenbahnen werden für den Transport von Kraftfahrzeugen (Personenkraftwagen) seit vielen Jahren insbesondere doppelstöckige offene Autotransportwagen eingesetzt. Für Beschäftigte können bei den Tätigkeiten des Be- und Entladens Gefährdungen durch Absturz bestehen, wie zum Beispiel beim Gehen neben den Kraftfahrzeugen, Anbringen/Entfernen der Ladesicherungen, Festlegen der Überfahrklappen – vor allem auf der oberen Ladeebene.
Zur Absturzsicherung sind an den Längsseiten der offenen Autotransportwagen auf der oberen Ladeebene, die sich in einer Höhe von circa 2,6 Metern über Schienenoberkante befindet, Seile angebracht. Diese verlaufen in einer Höhe von 0,6 Metern über der begehbaren Ladeebene (Abbildung 1).

Begründet wird diese niedrige Höhe dadurch, dass nach der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung für Rangier- und Zugfahrten bestimmte Umgrenzungen für Eisenbahnfahrzeuge einzuhalten sind. Der Einsatz von höheren Geländern wurde in der Vergangenheit aufgrund möglicher Fehlbedienungen und daraus unkalkulierbaren Gefährdungen für den Eisenbahnbetrieb während der Fahrbewegung abgelehnt (zum Beispiel falls die Geländer nicht vor Beginn der Fahrt heruntergeklappt werden).
Ebenso war der Einsatz von ortsfesten Einrichtungen mit Absturzsicherungen aufgrund zu geringer Abstände zwischen zwei Gleisen häufig nicht möglich.
Zur Minimierung der Gefährdungen für Beschäftigte durch Absturz wurden in der Vergangenheit folgende organisatorische und betriebliche Sicherheitsmaßnahmen festgelegt, zum Beispiel der Einsatz von tauglichem und besonders unterwiesenem Personal oder das Verwenden von trittsicherem Schuhwerk.
Die Tätigkeiten des Be- und Entladens von Kraftfahrzeugen auf offenen Autotransportwagen wurden und werden bis heute – zumindest teilweise – entsprechend den zuvor genannten Festlegungen ausgeführt, das heißt, auf das Erhöhen der Absturzsicherung auf das erforderliche Maß von einem Meter oder das Verwenden von persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) wurde bisher verzichtet.
Aufgrund der Tatsache, dass die Abmessungen der zu transportierenden Kraftfahrzeuge in den letzten Jahren immer größer wurden – die Breiten der europäischen Kraftfahrzeuge sind in dem Zeitraum von 2000 bis jetzt im Durchschnitt um 10 cm gewachsen –, haben sich die nutzbaren Räume/Abstände für die Beschäftigten auf den Autotransportwagen verkleinert. Dadurch bedingt hat sich das Risiko des Abstürzens erhöht.
Aktuelle rechtliche Grundlagen
Autotransportwagen sind für die Beschäftigten rechtlich gesehen Arbeitsmittel. Somit fallen auch Autotransportwagen unter den Geltungsbereich der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). In den Technischen Regeln für Betriebssicherheit „Gefährdung von Beschäftigten durch Absturz – Allgemeine Anforderungen“ (TRBS 2121) wird konkretisiert, wie die Gefährdung zu beurteilen und Maßnahmen gegen Absturz zu gestalten sind. Daraus folgt, dass grundsätzlich das jeweilige Umschlagunternehmen für die Tätigkeiten im Rahmen des Pkw-Umschlags auf Autotransportwagen geeignete Sicherheitsmaßnahmen gegen Absturz der Beschäftigten festlegen muss (Abbildung 2).

Erschwert werden die Maßnahmen des Arbeitsschutzes dadurch, dass an dem Umschlagprozess der Fahrzeugtransporte viele Unternehmen mittelbar und unmittelbar beteiligt sind, unter anderem die Hersteller der Eisenbahnfahrzeuge, die Betreiber der Gleisanlagen, die Eisenbahn-Transportunternehmen, die Versender der Kraftfahrzeuge sowie die Terminalbetreiber und deren Subunternehmer, welche die Umschlagarbeiten durchführen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Be- und Entladearbeiten von Kraftfahrzeugen mit offenen Autotransportwagen nur sicherheitskonform ausgeführt werden können, wenn eine geeignete Infrastruktur seitlich neben diesen Autotransportzügen zur Verfügung steht, zum Beispiel fest installierte oder mobile Einrichtungen, oder wenn Autotransportwagen verwendet werden, bei denen die Vorgaben zur konstruktiven Absturzsicherung eingehalten werden.
Da das Zurverfügungstellen geeigneter Infrastruktur, zum Beispiel von Bühnen, Gerüsten oder Podesten, sehr kostenintensiv und in vorhandenen Gleisanlagen schwierig bis nicht umsetzbar ist, sollten vorrangig sichere Arbeitsmittel – also Autotransportwagen mit Sicherung gegen Absturz in ausreichender Höhe – zum Einsatz kommen.
Absturzsicherung bei Autotransportwagen

Eine sicherheitstechnisch und kostenmäßig vertretbare Lösungsvariante ist, dass bei einer Neubeschaffung von offenen Autotransportwagen diese mit klappbaren Geländern mit einer Höhe von einem Meter ausgerüstet sind oder bei vorhandenen Autotransportwagen entsprechende Geländer nachgerüstet werden (Abbildung 3).
Das Sachgebiet (SG) Bahnen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung setzt sich gemeinsam mit anderen Institutionen dafür ein, auf das Absturzrisiko bei Tätigkeiten auf Autotransportwagen hinzuweisen und möglichst zeitnah die Gefährdungen für die Beschäftigten zu reduzieren. Deswegen hat das SG Bahnen einen „FB AKTUELL“ erarbeitet, welcher vom Fachbereich Verkehr und Landschaft der DGUV im März 2023 veröffentlicht wurde. Darin werden die Problematik beschrieben und geeignete Lösungsansätze aufgezeigt. Der „FB AKTUELL“ kann in der Publikationsdatenbank der DGUV heruntergeladen werden.

Drei Fragen an den Autor
Herr Heres, wer war an dem Projekt beteiligt?
An dem Projekt beziehungsweise an der Erarbeitung des „FB AKTUELL“ waren beteiligt das Sachgebiet Bahnen im Fachbereich Verkehr und Landschaft der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung – insbesondere Experten der Unfallversicherung Bund und Bahn sowie der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik – sowie Experten der Gewerbeaufsicht des Landes Bremen, des Eisenbahn-Bundesamtes und der Kommission für Arbeitsschutz und Normung.
Was müssen Hersteller beachten?
Hersteller von Autotransportwagen müssen gemäß der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 402/2013 unter anderem die mit dem Einsatz der Eisenbahnfahrzeuge verbundenen Sicherheitsrisiken bewerten, entsprechende Sicherheitsmaßnahmen festlegen und diese beim Bau der Eisenbahnfahrzeuge berücksichtigen.
Wer ist dabei einzubinden?
Dabei müssen die Hersteller auch andere Akteure beteiligen beziehungsweise deren Pflichten hinsichtlich der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten berücksichtigen.