Tödlicher Arbeitsunfall – Stromschlag auf dem Fahrzeugdach

Ein Beschäftigter in einer Instandhaltungswerkstatt kam auf dem Dach eines Schienenfahrzeugs mit der Hochspannungsanlage in Berührung. Da diese nicht spannungsfrei war, erlitt er dabei einen tödlichen Stromschlag.

In einem Bahnunternehmen ereignete sich ein schwerer Arbeitsunfall auf dem Dach eines Schienenfahrzeugs. Am Unfalltag sollten in einer Werkstatthalle Arbeiten an mehreren elektrischen Niederflurtriebzügen stattfinden. Durch eine besondere Situation im Arbeitsablauf stand ein mehrteiliger Triebwagen zur Hälfte in der Werkstatthalle und die andere Hälfte vor der Halle, wobei draußen der Stromabnehmer an der Oberleitung (15 kV) anlag.

Zwei Triebwagen standen hintereinander

Am Unfalltag kam es am Ort des Geschehens zu der ungewöhnlichen Situation, dass in der Werkstatthalle auf einem Gleis zwei Triebwagen hintereinanderstanden. Vorn und somit komplett innerhalb der Halle befand sich ein „3er“-Fahrzeug. Dieses hätte ursprünglich am Vormittag regulär dem Fahrbetrieb übergeben werden sollen, was aber nicht erfolgte. Es fiel die Entscheidung, dass dieser „3er“-Zug zunächst vor Ort verbleiben sollte. Eigentlich hätte der Zug nach draußen gefahren werden müssen, wo sich eine Entsorgungsanlage zum Abpumpen der Toilette befand. Aufgrund von belegten Gleisen war es am Vormittag jedoch nicht möglich, den „3er“-Zug aus der Halle zu fahren. Deshalb wurde beschlossen, zunächst andere anstehende Arbeiten an den Fahrzeugen durchzuführen. 

Hochspannungsanlage 

Direkt hinter dem „3er“-Modell befand sich auf demselben Gleis ein fünfteiliges Fahrzeug. An diesem sollten reguläre Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten durchgeführt werden. So sollte auf dem Fahrzeugdach unter anderem routinemäßig das Erdungsband am Stromabnehmer instand gesetzt werden. Dafür sollten die beiden Triebwagen nach der Mittagspause eigentlich umrangiert werden. Dieser Vorgang verzögerte sich allerdings. Das hatte zur Folge, dass sich zum Unfallzeitpunkt nur die eine Hälfte des „5er“-Triebwagens im Inneren der Halle befand. Der restliche Teil stand außerhalb des Gebäudes. 

Eigenmächtig gehandelt

In dieser ungewöhnlichen Parkposition des Zuges hatte einer der beiden Stromabnehmer noch Kontakt zur Oberleitung außerhalb der Halle. Dadurch stand die komplette Hochspannungsanlage auf dem Fahrzeug mit 15 kV unter Strom. Der Verunfallte ist dann ohne weitere Rück- oder Absprache mit den Kollegen auf das Dach des in der Halle stehenden Triebwagenteils gestiegen, um das Erdungsband auszutauschen. Dabei war ihm nicht bewusst, dass alle Teile der Hochspannungsanlage auf dem Fahrzeugdach weiterhin unter Spannung standen. Auf Höhe des Oberspannungswandlers hat der Mann einen tödlichen Stromschlag erlitten.

Vermeidbarer Unfall

Ursächlich war die außergewöhnliche Situation, dass an diesem Tag ein mit zwei Stromabnehmern ausgestatteter Triebwagen teils innerhalb und teils außerhalb der Halle stand. Instandhaltungsarbeiten waren in einem solchen Fall im regulären Arbeitsablauf nicht vorgesehen und so in der Gefährdungsbeurteilung nicht berücksichtigt. Dass der Stromabnehmer außen an der 15-kV-Oberleitung anlag, war nicht direkt von innen einsehbar. Dieser folgenschwere Unfall hätte sich verhindern lassen, wenn: 

  • der Zugang zu den unter Spannung stehenden Fahrzeugteilen (möglichst technisch) verhindert worden wäre. 
  • eine Warneinrichtung für den jeweiligen Betriebszustand des Fahrzeugs vorhanden gewesen wäre.
  • vor Beginn der Arbeiten die Spannungs­freiheit geprüft worden wäre.
  • eine bessere Absprache zwischen den beteiligten Personen stattgefunden hätte.
  • die Berücksichtigung dieser Situation bei der Gefährdungsbeurteilung erfolgt wäre.
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