Aus Unfällen lernen – Absteigen von einem fahrenden Triebfahrzeug

Bei der Einfahrt in einen Bahnhof kam es in einem Eisenbahnverkehrsunternehmen zu einem tödlichen Unfall. Der Verunfallte hatte die grundsätzliche Regel missachtet, nur bei Stillstand des Triebfahrzeugs auf- beziehungsweise abzusteigen.

Bei einem Arbeitsunfall stellt sich immer die Frage nach der Ursache. Manchmal ergibt die Unfalluntersuchung, dass klare Regeln nicht befolgt wurden – auch wenn diese allgemein bekannt sind. So war es auch im Falle eines Triebfahrzeugführers, der für seinen Fehler bedauerlicherweise mit dem Leben bezahlen musste. Der Mann fuhr als sogenannter Fahrgast im Führerstand bei einem Kollegen desselben Eisenbahnverkehrs­unternehmens mit. Geplant war, dass der Zug außerplanmäßig an einem Bahnsteig im Verlauf der Zugfahrt hält. Für den als Fahrgast mitfahrenden Triebfahrzeugführer war in der Nähe ein Hotelzimmer reserviert. Er sollte dort seine planmäßige Ruhezeit verbringen und anschließend eine Folgeleistung als Triebfahrzeugführer übernehmen.

Der außerplanmäßige Halt war mit dem zuständigen Fahrdienstleiter vereinbart. Allerdings hat sich der Triebfahrzeugführer bei der Einfahrt in den Bahnhof etwas verbremst. Am Bahnsteiganfang betrug die Geschwindigkeit noch 6 km/h. Er löste die Bremse aus und ließ den Zug weiterrollen. Trotzdem öffnete sein Kollege bereits jetzt die Tür und stieg auf den außen liegenden Tritt. Nachdem der Triebfahrzeugführer einen Schrei hörte, leitete er sofort eine Schnellbremsung ein und kam nach etwa zwölf Metern zum Stillstand. Er fand seinen Kollegen schwer verletzt zwischen Bahnsteig und Lok. Der Mann erlag vier Wochen nach dem Unfall seinen Verletzungen. 

Den Unfallhergang hat niemand beobachtet. Ob der Verunfallte bereits während der Fahrt abgestiegen oder lediglich vom Tritt abgerutscht ist, bleibt unklar. Er könnte auch mit dem Rucksack im Türbereich oder an den außen liegenden Handgriffen hängen geblieben sein. In jedem Fall hätte er die Tür erst nach Stillstand des Zugs öffnen dürfen. Noch schwerwiegender ist, dass er bereits vor dem Anhalten auf den außen liegenden Tritt gestiegen ist. Sicherlich wollte er dadurch den außerplanmäßigen Halt verkürzen. Aber das darf niemals zulasten der eigenen Sicherheit gehen.

Von Triebfahrzeugen darf erst dann abgestiegen werden, wenn sie vollständig zum Stillstand gekommen sind. Diese Regelung gilt grundsätzlich für alle Mitarbeiter im Eisenbahnbetrieb. Der Verunfallte war dementsprechend unterwiesen.

Hinweis: Abweichend dazu dürfen am Rangieren beteiligte Lokrangierführer und Rangierbegleiter auch bei Schrittgeschwindigkeit von/auf Rangierertritte(n) und Endbühnen auf-/absteigen. Sie beherrschen den Bewegungsablauf, benutzen spezielle persönliche Schutzausrüstung und tragen mitgeführte Ausrüstungsteile eng anliegend. Aber auch sie dürfen niemals während der Fahrt an Bahnsteigen absteigen, sondern nur an trittsicheren Rangiererwegen und nicht im Bereich von Hindernissen.

Bei Zugfahrten gilt generell: Auf- und Absteigen nur bei Stillstand des Triebfahrzeugs.

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