Elektromobilität – Auswirkungen neuer Technologien – Moderne Betriebshöfe für alternative Antriebe

Die Verkehrsbetriebe stehen vor einer Vielzahl von Herausforderungen. Neben den Auswirkungen der Corona-Pandemie gilt es, den Umstieg auf alternative Antriebe zu bewältigen. Die Anforderungen gehen dabei weit über die Beschaffung neuer Fahrzeuge hinaus. So muss neben der Anpassung der Infrastruktur auf den Betriebshöfen und der Strecke sowie den Veränderungen im Fahrbetrieb auch die Qualifikation des Personals erfolgen.

Neue Antriebsformen bringen neue Technologien mit sich, an die sich die Betriebshöfe anpassen müssen. Aber auch der Betrieb mit konventionellen Fahrzeugen muss zunächst wie gewohnt weitergehen. Jede Entscheidung für eine bestimmte Fahrzeugtechnologie beeinflusst sehr stark den Betriebsablauf. So ist es ein deutlicher Unterschied, ob batterieelektrische Fahrzeuge oder Brennstoffzellenfahrzeuge mit Wasserstoff betrieben werden sollen oder in Kombination mit einem Range-Extender.

Ladevorgänge systematisch planen

Bei batteriebetriebenen Bussen ist vor allem die erforderliche Reichweite ein entscheidender Faktor. Deshalb ist immer die Entscheidung zu treffen, ob die Fahrzeuge ausschließlich über Nacht auf dem Betriebshof oder zusätzlich zwischendurch auf der Strecke geladen werden sollen. In welchem Rhythmus schnell beziehungsweise langsam geladen werden muss, hängt maßgeblich vom Typ des Fahrzeugs und seiner Batterie ab. Sind mehrere E-Busse im Einsatz, wird dafür ein neues Betriebshofmanagementsystem erforderlich sein, um die Ladung korrekt durchzuführen und damit die Betriebsbereitschaft sicherzustellen. Zu beachten sind hier auch die Herstellervorgaben.

Die Infrastruktur auf den Betriebshöfen der Verkehrsbetriebe muss entsprechend dem gewählten Konzept angepasst werden. Beim Laden der E-Busse über Pantographen oder induktiv ist weniger Platz erforderlich als bei einer seitlichen Ladung mittels Kabel und Stecker. Bei dieser Variante sind die Verkehrswege unter Berücksichtigung der Kabelführung anzupassen, um die Mindestbreiten der Arbeitsstättenverordnung zu erfüllen. Auch im Bereich der Ladesäulen sind entsprechende Abstände einzuhalten. Im ersten Fall muss dagegen eine sehr genaue Positionierung der Fahrzeuge gewährleistet sein.

Von der Art der Fahrzeuge ist auch abhängig, wie der Ablauf auf dem Betriebshof organisiert wird, wie groß der erforderliche Stauraum ist, wann und wo das Fahrzeug gereinigt wird. Besonders im Mischbetrieb mit Dieselfahrzeugen stellen sich hier neue Herausforderungen für das Betriebshofmanagement. Für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge sind geeignete ­Betankungsstellen mit entsprechenden Explosionsschutzmaßnahmen vorzusehen. Bei einer Flotte von batteriebetriebenen Bussen ist eine erheblich leistungsfähigere Stromversorgung notwendig – in der Praxis gelegentlich das erste Hindernis.

Neue Fahrzeuge erfordern auch eine neue beziehungsweise angepasste Infrastruktur. Das ist bei den Kosten für die Elektromobilität mit einzukalkulieren.

Anforderungen an Werkstätten

Auch in den Werkstätten sind Anpassungen erforderlich. So kann insbesondere auf Dacharbeitsstände mit Absturzsicherungen für Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten nicht verzichtet werden. Die Nutzung von persönlicher Schutzausrüstung (Anseilen mit Auffanggurt) ist für wiederkehrende Arbeiten nicht zulässig. Zur Instandsetzung von Hochvoltkomponenten sollte ein separater Werkstattbereich mit entsprechenden Prüfplätzen und Diagnosegeräten eingerichtet werden. Derartige elektrische Betriebsräume und dazugehörige Ausrüstungen sind mit den nötigen Schutz- beziehungsweise Sicherungsmaßnahmen auszustatten. Im notwendigen Umfang sind für die Arbeiten Betriebsanweisungen zu erstellen.

Unfallfahrzeuge sicher abstellen

Neben den üblichen Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten sind die Arbeiten an beschädigten Unfallfahrzeugen speziell zu planen. Ein besonderes Risiko stellen verunfallte E-Busse dar, denn eine Beschädigung der Batterie ist nicht immer äußerlich zu erkennen. Auch nach längerer Standzeit kann es noch zu Bränden kommen, die durch einen langsamen Temperaturanstieg in einer defekten Batterie entstehen. Ein solches Fahrzeug muss separat abgestellt werden (sogenannter Havarie- oder Quarantäneplatz) und einen ausreichenden Abstand zur vorhandenen Infrastruktur sowie zu anderen Fahrzeugen haben. Aufgrund der Erfahrungen mit Bränden auf Betriebshöfen wird ein Mindestabstand von zehn Metern empfohlen, der feste

Untergrund (Wanne) sollte auch größere Mengen an Löschwasser aufnehmen können. In jedem Fall wird eine Temperaturüberwachung der defekten Fahrzeuge empfohlen, was sich recht einfach mit einer auf die Leitstelle aufgeschalteten Wärmebildkamera realisieren lässt.

Dacharbeitsstände sind inzwischen zwingend erforderlich

Gefährdungsbeurteilung aktualisieren

Da neue Fahrzeugtechniken die Abläufe auf dem Betriebshof verändern, ist in jedem Fall die Gefährdungsbeurteilung entsprechend anzupassen. Alle Beschäftigten auf dem Betriebshof müssen für die Gefahren, wie zum Beispiel die geringen Fahrgeräusche, sensibilisiert werden beziehungsweise im Umgang mit den Fahrzeugen unterwiesen sein. Das betrifft nicht nur die Fahrerinnen und Fahrer, sondern auch Reinigungskräfte, externe Dienstleistende und Besucher.

Das Personal ist regelmäßig zu unterweisen und dies ist zu dokumentieren. Insbesondere die Verwendung der Ladeinfrastruktur muss für die Mitarbeitenden gefahrlos möglich sein. Personen, die elektrotechnische Arbeiten an den Hochvoltkomponenten der Fahrzeuge durchführen sollen, müssen für diese Arbeiten die notwendige Qualifikation besitzen. Der Umfang der Qualifizierungsmaßnahmen hängt unter anderem vom Grad der bei den Arbeiten auftretenden elektrischen Gefährdungen und den Vorkenntnissen der Werkstattbeschäftigten ab. Diese Beschäftigten dürfen jedoch keine Arbeiten an konventionellen elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln, insbesondere an externen Ladeeinrichtungen und -zubehör für Fahrzeuge, durchführen. Diese Tätigkeiten sind ausschließlich Elektrofachkräften für technische Anlagen und Betriebsmittel vorbehalten. Auch dürfen in der Werkstatt an dem Fahrzeug keine Instandhaltungsarbeiten durchgeführt werden, solange es geladen wird. Näheres dazu findet sich im VBG-Fachwissen „Elektromobilität – Arbeiten an Omnibussen mit Hochvolt-Systemen  – Leitfaden für ein betriebliches Konzept“ der VBG.

Hier beziehungsweise auf der Webseite der VBG sind auch Muster für die Gefährdungsbeurteilungen sowie Musterfoliensätze für die Unterweisungen sowie Musterbetriebsanweisungen zu finden.

Zwei Fragen an den Fachmann

Was ist bei der Planung von Werkstätten zu berücksichtigen?

Bei der Anpassung der Werkstatt­infrastruktur ist es sinnvoll, zu Anfang festzulegen, bis in welche Tiefe Reparatur- und Wartungsarbeiten an E-Bussen durchgeführt werden sollen. Hier kann eine schrittweise Vorgehensweise zielführend sein. Mit zunehmender Anzahl an E-Bussen und zunehmender Erfahrung in der Instandsetzung von E-Bussen kann dann auch die Tiefe der auszuführenden Arbeiten wachsen.

Was ist besonders zu berücksichtigen?

Eine besondere Bedeutung kommt bei der Instandhaltung von E-Bussen dem Dacharbeitsplatz zu, da oftmals eine Vielzahl von Hochvoltkomponenten auf dem Fahrzeugdach verbaut ist und dort ein sicheres Arbeiten gewährleistet sein muss. Bei der ­Verwendung von Wasserstoff als Treibstoff müssen Werkstatt und Abstellanlagen ­bezüglich des Explosionsschutzes ertüchtigt werden. Die Qualifizierung der Mitarbeitenden ist für alle Arbeiten an E-Bussen zwingend notwendig und darf keinesfalls vernachlässigt werden.

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