Alternative Antriebe – Wasserstofffahrzeuge auf dem Vormarsch

Die neue Nationale Wasserstoffstrategie wurde im Juni 2020 von der Bundesregierung auf den Weg gebracht. Ziel ist es, Wasserstoff aus klimapolitischen Gründen innovativ zu nutzen – auch in Fahrzeugen auf der Straße und auf der Schiene.

Seit Herbst 2018 pendeln im Norden Niedersachsens zwei Wasserstoffzüge zwischen Buxtehude und Cuxhaven. Die Jungfernfahrt sorgte damals für viel Aufsehen, denn die „Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser“ (EVB) haben mit diesen Fahrzeugen weltweit die ersten mit Wasserstoff betriebenen Züge im Fahrgastbetrieb auf die Schiene gebracht. Nach einer erfolgreich abgeschlossenen 18-monatigen Testphase erfolgte im Juli 2020 der Spatenstich für den Bau der ebenfalls weltweit ersten Wasserstofftankstelle für Passagierzüge. Diese soll Mitte 2021 in Betrieb genommen werden und täglich 1.600 Kilogramm Wasserstoff liefern können. Vorhaben wie diese können seit 2020 auch im Zuge der neuen Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung gefördert werden. Damit wurde ein Handlungsrahmen für die Erzeugung, Nutzung und Weiterverwendung von Wasserstoff als Energiespeicher, Energieträger sowie als Brennstoff geschaffen. Dadurch soll eine CO2-Minderung im Verkehrssektor erreicht werden. Durch weitere zusätzliche Förderungen der Bundesländer können auch die Mehrkosten für Fahrzeuge und Infrastruktur für die Verkehrsunternehmen gesenkt werden.

Vorteile von Brennstoffzellenbussen

Wasserstoff als Energieträger kann sehr günstig sein, wenn er beispielsweise als Nebenprodukt aus der chemischen Industrie anfällt. Dies ist auch bei der EVB der Fall, die ihren Kraftstoff aktuell von einem Chemiewerk in Stade bei Hamburg bezieht. Wenn der Energieträger günstig aus überschüssigem Strom produziert werden kann, würde dieses nicht unter die EEG-Umlage fallen und somit auch nicht teurer als andere Energieeinheiten sein. Ein weiterer Vorteil sind auch die Reichweiten der Fahrzeuge. So haben beispielsweise Brennstoffzellenbusse laut Herstellerangaben in der Regel eine etwa zweimal höhere Reichweite als ein aktueller batterieelektrischer Bus, dessen Reichweite meist unter 200 Kilometern liegt. Damit können Wasserstofffahrzeuge auch längere Umläufe fahren, ohne dass dabei eine Zwischenladung eingeplant werden muss. So ist die tägliche Verfügbarkeit deutlich höher als bei herkömmlichen Batteriebussen, denn mit einem Tankvorgang von weniger als zehn Minuten erhält das Fahrzeug genügend Wasserstoff für bis zu 400 Kilometer Fahrbetrieb.

Zwei Blaue Wasserstoff-Linienbusse im Stadtverkehr, die weiß mit H2 und Hydrogen beschriftet sind.
Wasserstoffbusse sind insbesondere dann eine Alternative, wenn die Reichweite von Elektrobussen nicht ausreicht.

Umgestaltung der Infrastruktur

Allein die Beschaffung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben reicht jedoch noch nicht für den Fahrbetrieb aus. Wenn von der bisherigen Dieseltechnologie auf alternative Antriebe umgestellt wird, muss auch die Infrastruktur entsprechend angepasst werden. In der Regel ist eine entsprechende Wasserstofftankstelle vorzusehen, gegebenenfalls auch mit Lagerungsmöglichkeiten für einen zu empfehlenden Zwei-Tages-Vorrat. Bei größeren Mengen sind aufgrund des Bundesimmissionsschutzgesetzes auch Abstände zu schutzbedürftigen Einrichtungen wie Schulen und Wohnhäusern einzuhalten. Das kann bei städtischen Betriebshöfen teilweise schwierig sein.

Auch in der Werkstatt sind Veränderungen wegen der besonderen Gegebenheiten der Wasserstofffahrzeuge notwendig. So ist bei Bussen mit Brennstoffzellenantrieb eine Einfahrt nötig, die ausreichend Platz für die 3,70 Meter hohen Fahrzeuge bietet. Für Arbeiten auf dem Fahrzeugdach sind entsprechende Dacharbeitsstände erforderlich. Zusätzlich zur werkstattüblichen Standardausrüstung wird ein Kran mit 500 Kilogramm Traglast zum Anheben der Dachkomponenten benötigt. Nach Durchführung der Gefährdungsbeurteilung unter Berücksichtigung der Explosionsgefahr sind alle Arbeitsabläufe so zu organisieren, dass bei Wartungs-, Prüfungs- und Instandsetzungsarbeiten kein Wasserstoff austreten kann. Passiert das bei einem Fahrzeug im Betrieb aufgrund einer Störung oder eines Schadens, so wird dieses Fahrzeug nicht in die Werkstatt gefahren, sondern auf einem Serviceplatz im Freien versorgt.

Zur Detektion von Wasserstoff sind Sensoren erforderlich. Diese sind im Deckenbereich der Werkstatt anzuordnen und sollen bei Auftreten einer Gaskonzentration optisch und akustisch warnen. Die Sensorik an der Hallendecke kann jedoch nur große Leckagen erfassen, weil der Wasserstoff bei kleineren Mengen sofort diffundiert und nicht zu einem messbaren Anstieg der Konzentration führt. Das Warnsystem ist mit der elektrischen Anlage und dem Lüftungssystem funktional zu koppeln. Im Alarmfall sollen die Lüftungen auf maximaler Leistungsstufe eingeschaltet werden und, sofern die Konstruktion des Hallendachs diese Möglichkeit bietet, zusätzliche Entlüftungsöffnungen freigegeben werden. Um einen möglichen Zündfunken zu vermeiden, wird bei einer Alarmierung – mit Ausnahme der explosionsgeschützten Komponenten – die gesamte elektrische Anlage einschließlich eines innenliegenden Torantriebs bis auf eine explosionsgeschützte Notbeleuchtung abgeschaltet.

Unverzichtbar ist daneben die Qualifizierung des Werkstattpersonals bezüglich der neuen elektrischen und Explosionsgefahren, damit alle Arbeiten sicher durchgeführt werden können.

Triebzüge mit Wasserstoffantrieb

Auch im deutschen Schienenverkehr sind die ersten Wasserstoffzüge unterwegs – nicht nur als Prototypen, sondern auch im Regelbetrieb. Inzwischen entwickeln alle großen Schienenfahrzeughersteller Triebfahrzeuge mit Brennstoffzellen. Hierfür gibt es einen weltweiten Markt, der aktuell von einer verstärkten Abkehr verschiedener Industriestaaten von fossilen Brennstoffen profitiert. Der Bedarf dieser umweltfreundlichen Fahrzeuge ist recht groß, können sie doch vor allem auf nicht elektrifizierten Strecken eingesetzt werden. Insbesondere auf weniger befahrenen Nebenstrecken ist dies wirtschaftlich günstiger zu realisieren als eine Elektrifizierung.

Wasserstofffahrzeuge werden in den nächsten Jahren ein spannendes Thema bleiben – auch aus der Sicht des Arbeitsschutzes. Die VBG berät daher die Unternehmen zum Thema Brennstoffzellenfahrzeuge und hat sich an der Überarbeitung der DGUV Information 209-072 „Wasserstoffsicherheit in Werkstätten“ beteiligt, die in einer aktualisierten Fassung vorliegt.

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