In den Mitgliedsbetrieben der Branche ÖPNV/Bahnen kommt eine Reihe von verschiedenen Fahrzeugen zum Einsatz, die regelmäßig gewartet, einer Inspektion unterzogen oder instand gesetzt werden müssen. Die nun aktualisierte DGUV Regel 109-009 gibt dazu Hilfestellungen und spiegelt den anerkannten Stand der Technik wider.
Die überarbeitete Regel richtet sich an alle Unternehmen, die Fahrzeuge instand halten. Der Begriff „Instandhaltung“ umfasst dabei die Instandsetzung, Inspektion und Wartung von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen. Fahrzeuge im Sinne der Schrift sind Landfahrzeuge, die betriebsmäßig durch Maschinenkraft bewegt oder gezogen werden. Dazu zählen zum Beispiel auch Agrarmaschinen, Schienenfahrzeuge und Flurförderzeuge. Die Regel spiegelt den anerkannten Stand der Technik für alle Bereiche des Fachgebiets der Fahrzeuginstandhaltung wider. Sie beschreibt umfassend konkrete Präventionsmaßnahmen für spezifische Arbeitsverfahren, Tätigkeiten und Arbeitsplätze in der Fahrzeuginstandhaltung. Gleichzeitig stellt sie die wichtigsten Anforderungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in Kfz-Werkstätten beziehungsweise Werkstätten für oben genannte Fahrzeuge in kompakter Form dar.
Neue Technologien
Seit der letzten inhaltlichen Aktualisierung der DGUV Regel 109-009 „Fahrzeuginstandhaltung“ im Jahr 2006 hat eine Reihe neuer Technologien in der Fahrzeugtechnik Einfluss gefunden. Insbesondere im Bereich der Kraftfahrzeuge (Personen- und Nutzfahrzeuge) haben die alternativen Antriebe deutlich an Bedeutung gewonnen. Auch bei Schienenfahrzeugen haben Batterieantriebe und Brennstoffzellen Einzug gehalten. Daher wurde die Regelung entsprechend ergänzt.
Grundsätzlich gilt, dass bei Arbeiten mit aktiven Energiespeichern keine Gefährdung entstehen darf. So muss beispielsweise ein Energiespeicher entleert sein oder die Freisetzung von Energie muss sicher verhindert werden. Druckspeicher sind für Arbeiten am Drucksystem zu entspannen oder abzusperren. Bei Batteriefahrzeugen ist es auch wichtig, dass Kondensatoren nach Herstellervorgaben entladen werden und gegebenenfalls eine Wartezeit einzuhalten ist.
Auch bei neueren Schienenfahrzeugen sind Schutzmaßnahmen einzuhalten. Beispielsweise dürfen sich elektromagnetische Verriegelungen der Zugänge zu den Kondensatoren erst bei einer Restspannung von unter 60 Volt öffnen.
Spezielle Qualifikationen
Grundsätzlich gilt: Elektrotechnische Arbeiten an Fahrzeugsystemen dürfen nur von fachkundigen und dafür qualifizierten Personen durchgeführt werden. Die Regel verweist hier auf die DGUV Information 209-093 „Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen“, die das entsprechende Schema für die Qualifikation vorgibt. Der Leitfaden „Elektromobilität“ der VBG konkretisiert die Anforderungen für die Verkehrsunternehmen.
Ähnlich wie im Bereich der Elektromobilität wird in der neu aufgelegten DGUV Regel inzwischen auch die Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Gasantrieb beschrieben. Diese Arbeiten dürfen ebenfalls nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden und sind in einem mehrstufigen Modell für Serienfahrzeuge beschrieben.
Neue Gefährdungen
Durch die alternativen Antriebe halten auch neue Gefährdungen Einzug in die Werkstätten. Insbesondere defekte Energiespeicher können Brände hervorrufen und sind nur in Außenbereichen mit größeren Abständen zu anderen Fahrzeugen und Gebäuden abzustellen oder zu lagern. Auch Fahrzeuge mit unklarem Zustand dürfen aufgrund der möglichen Selbstentzündung nur außen abgestellt werden. Beschädigte Energiespeicher sind entsprechend zu sichern und zu kennzeichnen. Für defekte Fahrzeuge empfiehlt sich ein sicherer Ort zum Abstellen, der auch bei Gasfahrzeugen zum sicheren Ablassen genutzt werden kann, zum Beispiel eine gesicherte Ruhefläche beziehungsweise ein Havarieplatz.
Neue Bauteile und Systeme
Neben den neuen Antrieben haben inzwischen auch der Leichtbau (Bauteile aus hochfesten Stählen oder Kohlefasern) sowie Sicherheits-, Komfort- und Sekundärsysteme (zum Beispiel Kältemittel in Klimaanlagen, Assistenzsysteme) an Bedeutung gewonnen. Ebenfalls neu sind Entwicklungen im Bereich der Geräte und Maschinen für die Fahrzeuginstandhaltung sowie des Brand- und Explosionsschutzes. Auch in dieser Hinsicht wurde die Schrift an den Stand der Technik angepasst.
Ausgestaltung von Werkstätten
Darüber hinaus finden sich in der DGUV Regel sehr viele Hinweise zur Infrastruktur und Ausgestaltung von Werkstätten. Es werden Schutzmaßnahmen aufgezeigt, um häufig vorkommende Unfälle zu vermeiden. Besondere Aufmerksamkeit kommt den hoch gelegenen Arbeitsplätzen zu. Bei wiederkehrenden Arbeiten auf dem Fahrzeugdach müssen Einrichtungen vorhanden sein, von denen aus ein sicheres Arbeiten möglich ist. Dafür eignen sich in der Regel feste Dacharbeitsstände, von denen aus regelmäßig Wartungsarbeiten auf Fahrzeugdächern durchgeführt werden können. Diese müssen mit Absturzsicherungen ausgerüstet sein, wenn die Absturzhöhe mehr als einen Meter beträgt. Dabei sind auch die Stirnseiten zu sichern. Die Spaltbreite zwischen der Außenkante der Dacharbeitsbühne und den Fahrzeugen ist zu beachten, sie sollte möglichst schmal sein. Mittig zwischen Gleisen oder Spuren angeordnete Arbeitsbühnen, von denen aus beidseitig Arbeiten durchgeführt werden, sind auch auf der gegenüberliegenden Seite zu sichern. Bei einseitigen Dacharbeitsbühnen ist an der gegenüberliegenden Seite eine Absturzsicherung zu installieren.
Fahrzeuge gegen Bewegungen sichern
Eine nicht zu unterschätzende Unfallquelle in der Werkstatt sind Fahrzeuge, die sich unbeabsichtigt in Bewegung setzen. Grundsätzlich sind Fahrzeuge durch das Betätigen der Feststellbremse zu sichern. Bei nicht funktionierendem Bremssystem von gummibereiften Fahrzeugen müssen Vorlagen oder Keile verwendet werden, für das Festlegen von Schienenfahrzeugen sind geeignete Geräte wie Radvorleger oder Hemmschuhe vorzusehen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass neue Fahrzeugtechniken auch die Arbeit in Werkstätten und deren Infrastruktur verändern. Deshalb ist es wichtig, Überlegungen zur Arbeitssicherheit bereits in die Planung miteinzubeziehen. Notwendige Maßnahmen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes können so kostengünstig mitgedacht werden. Die überarbeiteten Regelungen der DGUV Regel 109-009 geben für die Planung von Werkstätten wertvolle Hinweise.
Drei Fragen an den Experten
Warum wurde die DGUV Regel überarbeitet?
Insbesondere die innovativen Technologien von Fahrzeugen erfordern eine neue und verbesserte Werkstattausstattung.
Welche neuen Gefährdungen gibt es?
In erster Linie sind das defekte Energiespeicher, die zu Bränden in Werkstätten führen können. Daher ist ein sicherer Ort zum Abstellen der Fahrzeuge auf dem Werkstattgelände nötig.
Was müssen Verkehrsunternehmen vorrangig beachten?
Wichtig sind vor allem die Dacharbeitsstände, die für regelmäßig wiederkehrende Arbeiten erforderlich sind. Da nun viele Komponenten auf den Fahrzeugdächern zu finden sind, ist dieses ein besonderer Schwerpunkt.