Die Vestische setzt auf Präventionsteams – Sicherheit im Fahrdienst

Das Fahrdienstpersonal der Vestischen Straßenbahnen GmbH wird in kritischen Situationen durch Präventionsteams unterstützt. Die Teams sind primär freitags und samstags zwischen 19:00 und 03:00 Uhr in den Bussen sowie an zentralen Haltestellen präsent und sorgen für zusätzliche Sicherheit für Fahrpersonal und Fahrgäste.

Bei der Vestischen Straßenbahnen GmbH mit Hauptsitz in Herten ergab eine Mitarbeiterbefragung zum Thema „Sicherheit im Fahrdienst“ Handlungsbedarf. Die Fahrerinnen und Fahrer machten deutlich, dass sie zu bestimmten Zeiten – vor allem abends und an den Wochenenden – personelle Hilfeleistung durch eine Vor-Ort-Unterstützung wünschen und diese auch brauchen.

Parallel dazu ergaben Kundenbefragungen, dass eine stärkere Präsenz des Unternehmens durch Personal auf den Linien gewünscht wird. Gerade in den Abendstunden, insbesondere an den Wochenenden, könne diese einen großen Beitrag zum Sicherheitsempfinden der Fahrgäste, aber auch zur Diebstahls- und Vandalismusprävention leisten.

Das Projekt

„Vom Unternehmen wurde das als Hilferuf des Fahrpersonals und Wunsch der Fahrgäste gesehen und mit dem Einsatz sogenannter Präventionsteams reagiert“, sagt Thomas Krämer, der Betrieb und Technik der Vestischen leitet. Die Teams stehen dem Fahrpersonal in kritischen oder potenziell eskalierenden Situationen als Unterstützung zur Verfügung. Dies war und ist durch die Größe des Bedienungsgebietes (siehe Grafik oben) keine einfache Aufgabe. Der Einsatz der Präventionsteams erfolgt im Rahmen eines Pilotprojekts und wird mit Mitteln des Verkehrsministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen für 24 Monate gefördert. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt durch das Europäische Zentrum für Kriminalprävention e.V. Münster (EZK).

Die Präventionsteams

Die Präventionsteams bestehen aus zwei zertifizierten Fachkräften eines externen Sicherheitsdienstes und einem Beschäftigten der Vestischen. Dieses Team vereint die Kenntnisse und Fähigkeiten im Objekt- und Sicherheitsdienst mit denen aus dem Betrieb, wie Linien- und Tarifkenntnissen. Die eingesetzten Personen tragen auffällige Dienstkleidung und sind als Beschäftigte ihres Unternehmens erkennbar. Jedem Team steht ein Dienstfahrzeug der Vestischen zur Verfügung.

Die Einsatzplanung erfolgt vorab durch die Abteilungsleitung Fahrbetrieb. Hierbei werden auch Großveranstaltungen und Events im Bedienungsgebiet berücksichtigt, die zu Sonder- und Schwerpunkteinsätzen führen. Der Einsatz der Präventionsteams wird im Anforderungsfall durch das Fahrpersonal zentral über die Betriebsleitstelle des Unternehmens gesteuert. Während der Einsatzzeit, die sich meist von 19:00 bis 03:00 Uhr erstreckt, sind die zurzeit drei Teams im Bedienungsgebiet unterwegs. Damit sind in der Regel kurze Anfahrtszeiten im Falle einer Anforderung durch einen Fahrer oder eine Fahrerin gewährleistet. Wird die Unterstützung nicht angefordert, zeigen die Präventionsteams in den Bussen und an zentralen Haltestellen ihre Präsenz. Dabei sind die ZOB Gelsenkirchen-Buer, Bottrop und Recklinghausen die örtlichen Einsatzschwerpunkte.

Die Sicherheitskräfte begleiten die Linienfahrzeuge und zeigen so deutliche Präsenz. Sie nehmen während der Fahrt Kontakt mit den Fahrgästen auf und sorgen durch ihre Anwesenheit für eine höhere subjektive und objektive Sicherheit. Stichprobenhaft werden in den Fahrzeugen auch Fahrausweiskontrollen durchgeführt. Das „betreute“ Linienfahrzeug wird vom Fahrer der Vestischen mit dem Pkw begleitet. So kann bei einem konkreten Interventionseinsatz, der durch die Leitstelle der Vestischen ausgelöst wird, die Präsenz an Bord des Fahrzeuges eingestellt werden und das Präventionsteam auf direktem Weg zum Interventionsort fahren.

[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

Zusammenarbeit mit der Polizei

Dank ihrer Einsatzfahrzeuge können die Präventionsteams schnell und flexibel agieren.

Die für das Bedienungsgebiet der Vestischen zuständigen Polizeipräsidien (PP) Recklinghausen und Gelsenkirchen wurden aktiv in das Projekt einbezogen. Sie wurden in gemeinsamen Gesprächen über die geplanten Maßnahmen und deren Umsetzung unterrichtet. Dabei ging es auch um die Rolle der Polizeikräfte und um die Frage, wie diese zum Beispiel bei notwendigen Einsätzen oder Personalienfeststellungen schneller zum Einsatz kommen. Zusätzlich wurde abgestimmt, dass beide PPs die Vestische künftig bei Schwerpunkteinsätzen der Präventionsteams parallel mit eigenen Polizeikräften unterstützen. Das geschieht in der Form, dass pro Präventionsteam ein zusätzlicher Polizeibeamter mit im Fahrzeug eingesetzt wird beziehungsweise ein zusätzliches Polizeifahrzeug mit zwei Beamten das Präventionsteam begleitet.

Bilanz nach 12 Monaten

Die Anforderung des Präventionsteams durch das Fahrpersonal erfolgte in 13 Fällen. Hierbei konnten durch deeskalierende Maßnahmen Übergriffe auf das Fahrpersonal oder Kunden vermieden werden. Bei diesen Ereignissen war das Team in weniger als zehn Minuten vor Ort und konnte alle Situationen ohne weiteren Einsatz der Polizei klären.

Bei der Präsenz in den Fahrzeugen – dazu zählen auch alle Nachtexpresslinien – wurde zu über 60.000 Fahrgästen Kontakt aufgenommen. Über 4.000 Kunden wurden hierbei ohne gültigen Fahrausweis angetroffen. In 157 Fällen erfolgte die Anforderung der Polizei, um Personalien festzustellen oder zu überprüfen. Die Fahrgäste nehmen die gestiegene Präsenz auf den Linien der Vestischen insgesamt positiv wahr. Sie sehen diese als geeignete Maßnahme für einen sicheren ÖPNV und sie nutzen diesen wieder öfter. Auch das Fahrpersonal spürt die positiven Auswirkungen des Projekts: „Plötzlich kaufen nahezu alle Fahrgäste ein Ticket und außerdem habe ich mehr Ruhe im Bus“, freut sich ein Busfahrer der Vestischen.

Evaluation

Das Pilotprojekt soll mit den Praxiserkenntnissen des Unternehmens und den Erkenntnissen aus der wissenschaftlichen Begleituntersuchung zeigen, ob das Vorgehen als praxisgerechte, branchenspezifische Lösung geeignet ist. Die Begleitung und Evaluation wird vom EZK geleistet. Im laufenden Projekt stellt die Vestische den Fahrgästen Feedbackfragebögen auf ihrer Homepage zur Verfügung. Auf den Monitoren in den Fahrzeugen wird auf diese hingewiesen. Die Onlinebefragungen werden halbjährlich mit den Ergebnissen des Kundenbarometers verglichen. Das liefert frühzeitig Hinweise auf notwendige Anpassungen. Innerhalb der Projektzeit erfolgt durch das EZK eine qualifizierte Befragung der Kunden und des Fahrpersonals. Mit diesen Ergebnissen wird über die Fortführung oder den Auslauf des Projektes entschieden.

Der Einsatz der Präventionsteams wird zentral über die Betriebsleitstelle gesteuert.

In einem Satz…

Wie schätzen Sie den Erfolg des Projektes ein?

Das Projekt ist ein voller Erfolg. Grundsätzlich haben wir das Sicherheitsempfinden beim Fahrpersonal und bei den Kunden gesteigert. Des Weiteren ergeben sich zusätzliche Kundenkontakte und die Zahlungsmoral bei den Fahrgästen konnte erhöht werden.

Welche Rückmeldungen gibt es von den Fahrern?

Das Fahrpersonal schätzt die konkrete und schnelle Unterstützung im Bedarfs­fall – dies auch in Fällen, in denen der Fahrer oder die Fahrerin nur ein „mulmiges Gefühl“ bezogen auf einen Fahrgast oder eine Fahrgastgruppe im Bus hat und somit deutlich unterhalb der polizeilichen Anforderungsmöglichkeit.

Wie reagieren die Kunden auf die Präsenz?

Die Kunden begrüßen die zusätzliche Präsenz in den Bussen und an den zentralen Haltestellen in den Abendstunden und an den Wochen­enden. Dies zeigen die Ergebnisse von über 400 Kunden, die wir über den Onlinefragebogen bislang erhalten haben.

Artikel teilen