Die mobile Instandhaltung ist aus dem modernen Eisenbahnverkehr nicht mehr wegzudenken. In vielen Fällen ist es weder notwendig noch sinnvoll, Eisenbahnfahrzeuge längere Strecken in eine Werkstatt zu überführen, wenn nur Arbeiten mit geringem Umfang oder Software-Updates erforderlich sind.
Für Instandhaltungsarbeiten außerhalb von Werkstätten oder Werkstattgleisen hat sich der Begriff „Mobile Instandhaltung von Eisenbahnfahrzeugen“ durchgesetzt. Als Hilfestellung für die zunehmenden Arbeiten dieser Art wurde von der VBG gemeinsam mit der Unfallkasse des Bundes (UVB) sowie Eisenbahnexperten der Branche die Schrift „Mobile Instandhaltung von Eisenbahnfahrzeugen“ erstellt. Sie gibt konkrete Hilfestellungen zu diesem Thema.
Grundsätzlich ist die mobile Instandhaltung im Eisenbahnwesen nicht eindeutig definiert. Im Sinne der oben genannten Schrift sind hierbei geplante und planmäßige Tätigkeiten nach der DIN-Norm „Instandhaltung“ (DIN EN 13306:2018-02) gemeint. Die mobile Arbeit wird hier so verstanden, dass die Beschäftigten direkt am oder im Eisenbahnfahrzeug arbeiten, um dieses zu erhalten oder so aufzuarbeiten, dass die geforderten Funktionen erfüllt werden können.
Mobile Instandhaltung von Eisenbahnfahrzeugen wird außerhalb von Werkstätten oder Werkstattgleisen durchgeführt. Das betrifft zum Beispiel:
- Bedarfsreparaturen an Triebwagen und Reisezugwagen in Endbahnhöfen und Abstellanlagen (an Außentüren, Sanitäranlagen, Beleuchtung, Klimaanlagen und Beseitigen von Gewaltschäden usw.),
- Austausch von Verschleißteilen oder defekten Baugruppen,
- Diagnose/Schadensaufnahme/Befundung,
- Funktionsprüfungen sowie
- Software-Updates.
Sicherheitsmaßnahmen
Es sind jedoch nicht alle Arbeiten planbar. Auch bei nicht vorhersehbarer Instandhaltung von Eisenbahnfahrzeugen sind, soweit möglich, die festgelegten Sicherheitsmaßnahmen für die planbare und planmäßige mobile Instandhaltung ebenfalls umzusetzen. Zusätzlich sind mithilfe einer Gefährdungsbeurteilung geeignete weitere beziehungsweise Ersatzmaßnahmen zu ermitteln und umzusetzen. Grundsätzlich sind dabei folgende Faktoren zu beachten:
- Zugänglichkeit unter Berücksichtigung der Umgebung und der menschlichen Körpermaße, einschließlich der Arbeitskleidung und der verwendeten Arbeitsmittel,
- Handhabung der Arbeitsmittel und der Arbeitsgegenstände am und im Eisenbahnfahrzeug unter Berücksichtigung der menschlichen Fähigkeiten sowie
- Anzahl und Notwendigkeit von besonderen Werkzeugen und Ausrüstungen.
Nicht zur mobilen Instandhaltung gehören regelmäßige Prüftätigkeiten im Bahnbetrieb, wie zum Beispiel die Bremsprobe oder der Vorbereitungs- und Abschlussdienst.
Spezielle Arbeitsbedingungen
Die mobile Instandhaltung erfordert eine gute Arbeitsorganisation. Neben der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung sind insbesondere die Veränderungen gegenüber den üblichen Werkstattbedingungen zu berücksichtigen, zum Beispiel:
- wechselnde Arbeitsplätze,
- Gefährdungen aus der Arbeitsumgebung und insbesondere dem Eisenbahnbetrieb,
- andere Arbeitsmittel und -techniken als in der Werkstatt,
- erhöhte Anforderungen an die Mobilität und Flexibilität (Arbeiten an wechselnden Einsatzorten mit Anfahrt, Rufbereitschaften, neue Arbeitszeitmodelle) sowie
- Witterungsbedingungen.
Besondere Bedingungen herrschen außerdem, wenn Eisenbahnen aufgrund eines technischen Defekts liegen bleiben. Dann ist der jeweilige Ort jedoch in der Regel nicht für eine mobile Instandhaltung geeignet. Hier sind entsprechende Notfallmaßnahmen zu treffen, die vom Unternehmen individuell vorbereitet werden müssen. Alle Maßnahmen des Notfallmanagements, beispielsweise das Aufgleisen von Eisenbahnfahrzeugen und Herstellen der Lauffähigkeit zum Räumen der Ereignisstelle, gehören nicht zur mobilen Instandhaltung.
Psychische Belastungen
Auch die psychischen Belastungsfaktoren dürfen in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden. So sind vollständige Angaben zur Arbeitsaufgabe, zum Einsatzort oder zu den Kommunikationsmöglichkeiten mit den beteiligten Personen vor Ort erforderlich. Die Sicherheitsmaßnahmen gegen die Gefahren aus dem Eisenbahnbetrieb sind genauso zu berücksichtigen wie mögliche Konflikte mit Dritten, zum Beispiel mit Fahrgästen bei Instandhaltungsarbeiten in Zügen. Zu beachten sind auch Zeitdruck aufgrund von betrieblichen und örtlichen Randbedingungen sowie soziale Belastungen durch Bereitschaftsdienste und der häufige Wechsel des Einsatzorts.
Arbeitszeitplanung
Besondere Bedeutung hat die Arbeitszeitplanung, denn viele Arbeiten können nur in bestimmten Zeitfenstern (Stilllagen, Abstellzeiten, Zeiträume zwischen den Einsätzen) durchgeführt werden. Auch die Kommunikation mit betrieblichen Stellen, beispielsweise zur Rückmeldung von Arbeitsaufträgen, Befunden und bei Notsituationen, darf nicht vernachlässigt werden. Hier ist die Einrichtung eines Meldesystems bezogen auf Mängel am Einsatzort erforderlich, die von der Infrastrukturbetreiberin zu verantworten und zu beseitigen sind, sowie der dafür erforderlichen zuverlässigen Kommunikationswege.
Die mobile Instandhaltung von Eisenbahnfahrzeugen ist ein recht neues Themengebiet. Weitere fachliche Aspekte und der dazugehörige Arbeitsschutz werden in der Schrift „Mobile Instandhaltung von Eisenbahnfahrzeugen“ näher erläutert.
Neue Anforderungen
Herr Kähler, was gab den Anstoß zu dieser Schrift?
Aufgrund des höheren Anteils an mobiler Instandhaltung wurden wir von Eisenbahnunternehmen um Unterstützung bei diesem Thema gebeten.
Welche Arbeiten können mobil durchgeführt werden?
Das sind vor allem kleinere Arbeiten, bei denen eine lange Überführung des Fahrzeugs nicht lohnt, zum Beispiel Software-Updates.
Wann ist mobile Instandhaltung nicht mehr sinnvoll?
Bei allen Arbeiten größeren Umfangs. Zum Beispiel ist der Tausch eines Drehgestells eine Arbeit für die Werkstatt. Außerdem achten wir als Unfallversicherungsträger auch auf die vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen der Beschäftigten.